4.2.2025 – Die Frage, ob Schwammschäden regelmäßig oder zwangsläufige Folgen von Leitungswasseraustritten sind, ist laut Urteil des Bundesgerichtshofes grundsätzlich durch Sachverständigenbeweis zu klären. In dem zugrundeliegenden Streitfall hat nun das Berufungsgericht zu prüfen, ob Schwammschäden eine typische Folge von Leitungswasseraustritten sind. Trifft dies zu, stellt laut der Kanzlei Michaelis die marktübliche Ausschlussklausel eine unangemessene Benachteiligung dar und ist unwirksam.
Die Kanzlei Michaelis macht in ihrem aktuellen Newsletter auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) (IV ZR 212/23) zur Wirksamkeit des Ausschlusses von Schwammschäden aufmerksam. Eine Klausel, die in nahezu allen Gebäudeversicherungen zu finden ist, schreibt Stephan Michaelis, Fachanwalt für Versicherungs- sowie Handels- und Gesellschaftsrecht.
Geklagt hatte eine Hausbesitzerin, die acht Jahre nach Fertigstellung ihres Holzständerbauhauses einen Wasserschaden festgestellt hatte. Dieser resultierte aus einem Leitungswasseraustritt in der Dusche im ersten Obergeschoss. Der Wassersachaden führte unter anderem zu einem massiven Befall von weißem Porenschwamm in der Bodenkonstruktion.
Die Frau machte Ansprüche aus ihrer Wohngebäudeversicherung wegen Schäden aufgrund eines Leitungswasseraustritts geltend. Das Versicherungsunternehmen verweigerte jedoch eine Regulierung unter Berufung auf den Leistungsausschluss für Schäden durch Schwamm.
Dies sah die Eigentümerin anders. Sie war der Meinung, der Leistungsausschluss halte einer AGB-rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Ausschlussklausel führe zu einer unangemessenen Benachteiligung des Versicherungsnehmers, weil der umfassende Ausschluss von Schwammschäden wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers in einer die Erreichung des Vertragszwecks gefährdenden Weise einschränke.
Sie zog vor Gericht. Doch das Landgericht Bonn gab der Klage nur hinsichtlich der Nässeschäden ohne kausalen Bezug zu Schwamm statt. Und auch in zweiter Instanz hatte sie keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht Köln wies ihre Berufung zurück.
Der BGH hat diese Entscheidung aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung heißt es im Urteil, die Entscheidung des OLG stelle eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs dar. Die Frage hätte nicht verneint werden dürfen ohne Sachverständigenbeweis zu erheben.
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erwarte von seiner Wohngebäudeversicherung einen umfassenden und – soweit sich aus ihr keine Einschränkungen ergeben würden – lückenlosen Schutz.
Dieses Hauptleistungsversprechen des Versicherers, einen – grundsätzlich umfassenden – Ausgleich für durch Leitungswasser verursachte Schäden am versicherten Gebäude zu gewähren, schränke die Ausschlussklausel ein, indem sie die durch Schwamm verursachten Schäden ausnehme. Solche lediglich leistungsbeschränkenden Klauseln seien nach ständiger Rechtsprechung kontrollfähig.
Nicht jede Begrenzung dieses Leistungsversprechens bedeute allerdings für sich genommen eine Vertragszweckgefährdung. Eine solche Gefährdung liege erst dann vor, wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhle und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos mache.
Der Vertragszweck könne durch den Ausschluss dann gefährdet werden, wenn Schwammschäden regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge des Austritts von Leitungswasser wären.
Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer wolle sich mit dem Abschluss einer Leitungswasserversicherung vorwiegend vor solchen Schwammschäden schützen und der Versicherer würde sich mit der Ausschlussklausel von der Kardinalpflicht des Versicherungsvertrages, Leitungswasserschäden zu entschädigen, freizeichnen.
Soweit das Berufungsgericht aber eine solche Typizität des Auftretens von Schwammschäden als Folge des Austritts von Leitungswasser ohne die sachverständige Hilfe verneint habe, beruhe dies auf einer nicht hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage. Das OLG hätte sich sachverständiger Hilfe bedienen müssen, um diese Frage aufzuklären.
„Auch wenn der BGH zur Wirksamkeit der Ausschlussklausel keine abschließende Entscheidung getroffen hat, so stellt das Gericht dennoch klar, dass die Ausschlussklausel der AGB-rechtlichen Kontrolle unterliegt. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung und nach unserer Auffassung zwingendes Recht“, schreibt Michaelis in seinem Newsletter.
In seinem ersten „Schwammurteil“ aus dem Jahre 2012 (IV ZR 212/10) habe der BGH noch entschieden, dass die Schwammschadenklausel nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung führe und damit wirksam sei. Der Diskussion über die Wirksamkeit dieser Klausel sei damit vorerst die Grundlage entzogen worden.
Das oberste Gericht weicht nun vermeintlich davon ab. In der Urteilsbegründung heißt es dazu: „Die Erwägungen des Senatsurteils vom 27. Juni 2012 [...], nach denen der Ausschluss von Schwammschäden in der Gebäudeversicherung keinen Wirksamkeitsbedenken begegnet, lassen sich auf den hiesigen Fall nicht ohne Weiteres übertragen.
In dem entschiedenen Fall war nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass Schwammschäden regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge eines Leitungswasseraustritts wären [...], während dies im Streitfall von der Klägerin behauptet und unter Beweis gestellt worden ist.“
Der aktuelle Beschluss des BGH orientiere sich damit konsequent an seinem Urteil aus dem Jahre 2017 zum Ausschluss von Schimmelschäden (IV ZR 151/15), so Michaelis. Dort habe der BGH die Wirksamkeit des Ausschlusses von Schimmelschäden davon abhängig gemacht, ob sie typische Folge eines bestimmungswidrigen Leitungswasseraustrittes seien.
„Dieser Grundsatz ist auf den Ausschluss von Schwammschäden zu übertragen“, schreibt der Fachanwalt. Das Berufungsgericht müsse nun durch Einholung eines Sachverständigengutachtens prüfen, ob Schwammschäden eine typische Folge von Leitungswasseraustritten seien.
„Trifft das zu, so stellt die Klausel eine unangemessene Benachteiligung dar und ist unwirksam. Das Urteil des OLG Köln darf daher mit Spannung erwartet werden“, kommentiert Michaelis.
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