15.3.2023 – Der Versicherer legt das Neugeschäft für die Switch-Tarife in Kfz, Hausrat und Haftpflicht auf Eis. Das kündigte Wefox in einem Schreiben an seine Partner an. Auslöser waren die hohe Inflation, ein höheres Schadenaufkommen und der Wettbewerbsdruck. Oberstes Ziel 2023 lautet, den Sprung in die Gewinnzone zu schaffen.
Für die Wefox Holding AG läuft es derzeit nicht rund. Der Versicherer der Gruppe stellt zum 1. April das Neugeschäft in den Switch-Tarifen der Sparten Kfz sowie der Hausrat- und Haftpflichtversicherung ein. Das geht aus einer Information der Wefox Insurance AG an Vertriebspartner und Maklerpools hervor.
Vom Sonderkündigungsrecht nach einem Schaden werde das Insurtech nur Gebrauch machen, wenn die Schadenshöhe nicht mehr im Verhältnis zur Prämie stehe. In diesem Fall werde der Vertriebspartner informiert, um mit dem Kunden nach einer Lösung zu suchen.
Die hohe Inflation und gestiegene Aufwendungen im Schadenbereich würden insbesondere jüngere Versicherer wie Wefox zwingen, ihre sogenannten "Switch-Tarife" an die aktuellen Marktgegebenheiten anzupassen, heißt es im Schreiben an die Vermittler. Andere Produkte sind von dem Neugeschäftsstopp ausgenommen.
„Unser Vertriebsteam informiert die Makler im Voraus, wenn ihre Kunden mit Stornierungen statt mit Verlängerungen rechnen müssen. Die frühzeitige Information der Makler ermöglicht es den Kunden, einen anderen Versicherungsschutz zu finden. Wir bei wefox sind uns unserer Verantwortung als Versicherungs-Unternehmen bewusst, unsere Versicherten vor unterbewerteten Risiken zu schützen“, teilt das Unternehmen auf Nachfrage der Redaktion zum Stopp des Neugeschäfts mit.
2019 sind die Berliner ins Kfz-Geschäft für Endkunden eingestiegen (VersicherungsJournal 9.10.2019). Neben Haftpflicht und Hausrat war das das dritte Standbein des Insurtechs. Aufgrund geringer Schadenquoten (2020: 43 Prozent, 2019: 29 Prozent) (12.6.2020) konnte der Versicherer im Geschäftsjahr 2019 mit 7.000 Euro erstmals einen kleinen Gewinn schreiben (11.3.2021).
Die Inflation, das größere Schadenaufkommen nach der Coronakrise und der insgesamt starke Wettbewerb in der Kfz-Sparte bringen junge Versicherer wie Wefox ins Straucheln. Günstige Tarife seien finanziell kaum noch darstellbar.
„Größere Versicherer sind in der Lage, die Sparte zu subventionieren oder das unruhige Marktumfeld auszusitzen. Kleinere Versicherer tun sich damit schwerer, da der Ausgleich im großen Kollektiv fehlt. Aus diesem Grund stellen wir die Annahme vom Neugeschäft vorübergehend ein, um die Tarife für die Zukunft neu auszurichten“, schreibt Wefox an seine Vertriebspartner.
Das Insurtech hat die Notbremse gezogen, um nicht tiefer in die roten Zahlen zu rutschen. „Im Rahmen unserer Strategie zur Steigerung der Rentabilität überprüfen wir unser derzeitiges Produktportfolio, um innovativere Lösungen anbieten zu können, ohne dabei den hervorragenden Service für bestehende Kunden zu beeinträchtigen“, teilt das Unternehmen dazu mit.
Die Unternehmensgruppe, die aus dem Versicherungsmakler Wefox Germany GmbH und der Wefox Insurance besteht (vorher One Versicherung), vollzieht hier eine strategische Richtungsänderung.
Investierte das Insurtech sein eingesammeltes Kapital (2.6.2021) in den Vorjahren großzügig in Technik, neue Produkte und den Ausbau des Managements (18.10.2021), heißt das neue Schlagwort Profitabilität.
Auch der neue Deutschlandchef Günther Blaich soll die Organisation in die Gewinnzone bringen. „Seine Erfahrung und sein Wissen leisten einen wichtigen Beitrag, unser Deutschlandgeschäft bis 2024 zu nachhaltigen Erträgen und Profitabilität zu führen“, ließ sich Wefox-Chef Julian Teicke zu der Personalie zitieren (7.3.2023).
Warum das Unternehmen seine Ausrichtung ändert und das Erreichen der schwarzen Null in den Vordergrund stellt, ist nicht bekannt – auch nicht, welche Rollen die bei Wefox engagierten Investoren dabei spielen.
Den Vertriebspartnern sichert das Insurtech neben der Überarbeitung der Kfz-, Hausrat- und Haftpflichttarife neue Optionen im Produktbereich zu. Im ersten Halbjahr will das Unternehmen „eine moderne und einfache Unfallversicherung“ auf den Markt bringen sowie „ein neuartiges Risiko-Lebensversicherungs-Konzept“ einführen.
Damit leitet der junge Versicherer nach dem schnellen Kfz-Geschäft wohl auch eine Kehrtwende Richtung gewinnträchtiger Sparten ein.
Wir konzentrieren unsere Investitionen nun auf Bereiche, die recht schnell profitablen Umsatz bringen.
Wefox Holding AG
Zuletzt hatte der Anbieter mit medialem Gegenwind zu kämpfen. Die Süddeutsche Zeitung berichtete zum Jahresanfang von Entlassungen (2.2.2023), die Wefox in der Höhe auf Nachfrage dementierte.
Das Manager Magazin sieht in einem Insiderreport (hinter der Bezahlschranke) bei den Berlinern mehr Schein als Sein. Laut dem Branchendienst Finance FWD seien die Wachstumstreiber des Insurtechs schlichte Kooperationen und simple Zukäufe von sieben Maklerhäusern gewesen (Medienspiegel 20.1.2023, Medienspiegel 11.1.2023).
„Wir stehen auch 2023 auf äußerst stabilen Beinen, allerdings steht die europäische Ökonomie dieses Jahr deutlich auf dem Prüfstand. Nicht mehr Wachstum zählt, sondern Profitabilität. Wir konzentrieren unsere Investitionen nun auf Bereiche, die recht schnell profitablen Umsatz bringen“, so Wefox Anfang März gegenüber dem VersicherungsJournal.
Zur Lage des Versicherers der Gruppe verweist das Unternehmen auf den kommenden Geschäftsbericht für das Jahr 2022.
In einer früheren Version des Beitrags hieß es, dass Wefox sein Sonderkündigungsrecht nach Regulierung eines Kfz-Schadens im laufenden Versicherungsjahr anwenden würde.
Das Unternehmen werde 2023 nicht jedem Vertragsnehmer kündigen, der 2023 einen Schaden melde, teilt Wefox mit. Wie Wettbewerber auch, prüfe man, wie die Schadenhöhe im Verhältnis zur Prämie ausfalle. Komme man zu einem negativen Ergebnis, werde der Vertriebspartner informiert. Das haben wir im Beitrag korrigiert.
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