5.8.2022 – Als erster Krankenversicherer verkündet die Allianz, bereit für die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) zu sein. Das könnte Mitstreiter, die sich noch nicht für einen IT-Dienstleister entschieden haben, weiter unter Druck setzen. An der ePA scheiterte auch das Gemeinschaftsprojekt „Meine Gesundheit“. Die beteiligten Gesellschaften gehen jetzt getrennte Wege.
Es kommt Bewegung in die digitale Aufstellung der privaten Krankenversicherung (PKV). Bisher war es ein zähes Ringen der Anbieter um die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA). Bis auf Ankündigungen, die aber ihren Zielpunkt erst 2023 setzen, und Ausstiege aus Kooperationen ist wenig Konkretes passiert. Bis jetzt.
Am Donnerstag teilte die Allianz Private Krankenversicherungs-AG (APKV) mit, dass die Gesellschaft „als erste PKV in Deutschland die ePA-Zulassung“ erhalten habe. Das Unternehmen erhielt von der Gematik GmbH, der Nationalen Agentur für Digitale Medizin, die Genehmigung, ihren Versicherten das Tool zur digitalen Versorgung anzubieten.
Zum genauen Zeitpunkt der Einführung bleibt die Gesellschaft in ihrer Mitteilung vage: „In den nächsten Monaten“ wollen die Münchener die ePA Vollversicherten und Kunden, die mit Zusatztarifen bei der APKV versichert sind, offerieren.
Der Grund für den offenen Termin: Der Versicherer wartet noch auf eine gesetzliche Regelung zum erlaubten Datenaustausch mit der gesetzlichen Krankenversicherung zur Renten-Versicherungsnummer, die für die Anmeldung zur ePA erforderlich ist.
Die Backend- und Frontend-Systeme wird die Research Industrial Systems Engineering (Rise) Forschungs-, Entwicklungs- und Großprojektberatung GmbH für die Allianz implementieren.
Wettbewerber sind aktuell noch einige Schritte hinter der Allianz. Die R+V Krankenversicherung AG kündigte am 1. Juni für ihre Versicherten eine ePA für den Sommer 2023 an. Mit der technischen Umsetzung beauftragten die Wiesbadener die IBM Deutschland GmbH (IBM Consulting) (VersicherungsJournal 2.6.2022).
Neben der R+V hat auch die Signal Iduna Krankenversicherung a.G. die Einführung der ePA auf ihrer Webseite für 2023 anvisiert.
Die gesetzlichen Krankenversicherer müssen die digitale Patientenakte bereits seit Anfang 2021 anbieten, alle gesetzlich Versicherten sollen somit dieses Tool erhalten. So will es das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) (PDF, 370 KB). Aber die Krankenkassen dürfen seit dem 1. April die Kosten für die Anwendung nicht mehr finanzieren.
Das heißt, gemeinsame Projekte privater Krankenversicherer (PKV) und der Kassen wurden gekippt. So musste die Vivy GmbH in ihrer gleichnamigen App die Funktion „elektronische Gesundheitsakte“ schließen (28.1.2022).
Seit vier Jahren sind elektronische Patientenakten auf dem Markt, darunter auch die „TK-Safe“ der Techniker Krankenkasse, die die Kasse zusammen mit IBM Deutschland entwickelte (13.6.2018). Laut Branchenexperten arbeiten die größten zehn Krankenversicherer nach Vollversicherten (11.4.2022) „mit Hochdruck“ an eigenen Lösungen, um ihren Versicherten ab kommenden Sommer die digitale Anwendung bieten zu können.
Es gibt aber noch Hürden: Nicht bei allen Gesellschaften sei die Entscheidung für den entsprechenden Partner, der die technische Umsetzung übernimmt, gefallen. IBM kann hier aufgrund der Entwicklung von „TK Safe“ eine entsprechende Expertise vorweisen. Allianz-Partner Rise gilt nach eigener Aussage als „Feuerwehr“ bei IT-Projekten, die nicht rund laufen.
Ins Bild der Herausforderungen für die privaten Krankenversicherer passen die Turbulenzen um das von der Axa Krankenversicherung AG gegründete Portal „Meine Gesundheit“ (26.7.2018). Mit an Bord gingen 2018 auch die Huk-Coburg-Krankenversicherung AG, die Versicherungskammer Bayern (VKB) und der Marktführer, der Debeka Krankenversicherungs-Verein a.G. (31.10.2018).
Das Dienstleistungsangebot des Portals stand Nutzern der vier Versicherer offen und wird über eine Beteiligungs-Gesellschaft der privaten Krankenversicherer zusammen mit der Axa Konzern AG und der Compugroup Medical AG betrieben.
Jetzt endet die Interessensgemeinschaft. Die Beteiligung an dem IT-Dienstleister wird im nächsten Jahr aufgelöst. Huk-Coburg, VKB und Debeka verlassen das digitale Projekt, wie der Versicherungsmonitor zuerst berichtete und die drei Unternehmen auf Nachfrage bestätigten. Kunden der Axa können das Portal „über Mitte 2023 weiter vollumfänglich nutzen“, wie zu hören ist.
Durch das Thema elektronische Patientenakte sehen die Versicherer bei der Implementierung von Diensten […] andere Zielsetzungen in den jeweiligen Digitalisierungs-Strategien.
Huk-Coburg-Krankenversicherung
Als Grund für ihren Ausstieg nennen die drei Krankenversicherer übereinstimmend, dass sich „unterschiedliche strategische Prioritäten der Serviceangebote entwickelt“ hätten.
„Insbesondere durch das Thema elektronische Patientenakte sehen die Versicherer bei der Implementierung von Diensten, zum Beispiel in der Einbindung in ihre Kundenportale, andere Zielsetzungen in den jeweiligen Digitalisierungs-Strategien“, ergänzt die Huk-Coburg die angeführte Aussage.
Die VKB äußert sich zumindest zum angedachten Zeitpunkt der Einführung: „Wir werden unseren Kunden und Kundinnen voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2023 ein an die ePA angebundenes Angebot zur Verfügung stellen“, so der Konzern. Huk-Coburg und Debeka wollen auch auf Nachfrage keine weiteren Details zum Zeitplan nennen.
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