6.6.2025 – Das Insurtech Getsafe will zukünftig nicht mehr als Versicherer tätig sein, sondern nur noch als Assekuradeur. Mit diesem Kurswechsel verbunden ist auch die Rückgabe der Versicherungslizenz. Knapp 500.000 Kunden betreut das Unternehmen derzeit.
Die Getsafe GmbH kündigt einen Kurswechsel an: Künftig will das Insurtech nicht mehr als Versicherer auftreten, sondern sich auf die Rolle des Assekuradeurs konzentrieren. Versicherungen von Drittanbietern werden dann unter eigenem Namen vertrieben und betreut. Das teilt Gründer und Geschäftsführer Christian Wiens gegenüber der Presse mit.
Damit verbunden ist auch die Rückgabe der Versicherungslizenz, die das Unternehmen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) am 22. Oktober 2021 erhalten hat. Der hauseigene Versicherer Getsafe Insurance AG soll danach in die Gruppe integriert werden. Als Assekuradeur aktiv sind die Heidelberger über die Getsafe Digital GmbH aber schon heute.
Der Schritt kommt überraschend, denn das Insurtech ist im Versicherungsgeschäft inzwischen profitabel. Zum 31. Dezember 2024 betreute die Getsafe Insurance AG 390.753 Policen, wie aus dem Bericht über Solvabilität und Finanzlage hervorgeht. Der Bestand wurde damit deutlich ausgebaut.
Die gebuchten Bruttobeiträge stiegen 2024 auf 25,6 Millionen Euro (Vorjahr: 21,0 Millionen Euro). Nach Abzug der Rückversicherungsanteile verblieben 10,1 Millionen Euro an verdienten Beiträgen für eigene Rechnung (Vorjahr: 7,2 Millionen Euro).
Erstmals erzielte das Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr ein positives versicherungstechnisches Ergebnis von rund 0,4 Millionen Euro – nach einem Verlust von 1,4 Millionen Euro im Jahr zuvor. Dieser Gewinn lag im Plan: Neue Versicherer müssen anfangs erhebliche Investitionen in Infrastruktur und Markenbekanntheit stemmen.
Auch das eigene Produktportfolio wurde zuletzt erweitert. Zur bestehenden Palette aus Privathaftpflicht-, Hundehalterhaftpflicht-, Hausrat- und Tierkrankenversicherungen kam eine Lizenz für Zahnzusatz- und weitere Krankheitskostentarife hinzu.
Mit dem bisherigen Tempo des Wachstums zeigt sich Getsafe jedoch unzufrieden. Ziel sei es nun, das wachsende Mehrspartengeschäft effizienter und skalierbarer abzubilden.
„Die eigene Lizenz hat uns geholfen, unsere Technologie entlang der gesamten Wertschöpfungskette aufzubauen und als neuer Marktteilnehmer Glaubwürdigkeit zu gewinnen“, sagt Wiens. „Doch für unser Ziel, die führende Versicherungsplattform für digitale Kund:innen über alle Sparten hinweg zu werden, ist dieser Weg zu langsam und wenig flexibel“, erklärt er.
Vereinfacht gesagt, braucht es Zeit und oft einen neuen Anlauf, um sich in jeder Sparte als junger Versicherer zu etablieren – nicht zuletzt wegen strenger regulatorischer Vorgaben. Besonders in der Kranken- und Lebensversicherung sind hohe Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen. Getsafe setzte bislang stark auf Rückversicherungen, um diese Belastung abzufedern.
Die Hoffnungen ruhen auf der sogenannten MGA-Plattform (Managing General Agent). 50 Millionen Euro hat das Unternehmen zuletzt in diese investiert – schon heute würden dort täglich Millionen Datenpunkte der 500.000 Kunden gesammelt.
Mit Hilfe der gesammelten Daten will Getsafe nun eine deutlich größere Palette an Versicherungen anbieten, wenn auch mit Drittversicherern als Risikoträger. Dabei wolle man operativ unabhängig bleiben und weiterhin eigene Produkte entwickeln, die Policen selbst verwalten und auch die Schäden abwickeln. „Bereits heute wird der Großteil des Geschäfts über starke Risikoträger realisiert“, erklärt Wiens.
„Versicherung basierte jahrzehntelang auf Lizenz, Kapital und Vertrieb. Wir bauen sie neu – mit KI“, sagt der Gründer. „Unsere KI-Agenten übernehmen heute schon einen Großteil von Schadenregulierung, Beratung und Vertragsabschluss“.
Doch was folgt aus der Rückgabe der Zulassung für die Versicherten, die bei der Getsafe Insurance AG ihren Vertrag haben? Wie Wiens dem VersicherungsJournal berichtet, soll für sie alles beim Alten bleiben – auch wenn die Verträge anderen Versicherern als Risikoträger anvertraut werden.
„Durch den Fokus beziehungsweise die Umstellung auf das Fullstack-MGA-Modell ändert sich nichts – weder bei Produkten noch bei Preisen oder Bedingungen. Auch die gesamte Wertschöpfung – von der Policierung über Verwaltung und Zahlungen bis hin zur Schadensregulierung – läuft weiterhin über unsere Plattform“, teilt der Geschäftsführer mit.
Bestandsvergütungen für Vermittler sind nicht gefährdet. „Wir sind ein Direktversicherer und arbeiten aktuell nicht mit Vermittlern zusammen“, so der Getsafe-Chef.
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