25.4.2025 – In Liechtenstein existiert kein Rettungsschirm vergleichbar der Protektor AG, wenn ein Lebensversicherer von der Insolvenz bedroht ist. Dennoch profitieren deutsche Kunden von gesetzlichen Regelungen im Versicherungs- und Insolvenzrecht, die einen gewissen Grundschutz vor einem Totalverlust bieten.
Lebensversicherer mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) dürfen ihre Produkte auch in Deutschland anbieten. Rechtsgrundlage hierfür sind die Dienstleistungsfreiheit nach Artikel 56 AEUV und die Niederlassungsfreiheit nach Artikel 49 AEUV.
Die Solvency-II-Richtlinie (2009/138/EG) konkretisiert diese Freiheiten, insbesondere in den Artikeln ab 145 zur grenzüberschreitenden Tätigkeit von Versicherern.
Nachdem der luxemburggische Versicherer FWU Life Insurance Lux S.A. (FLL) in die Insolvenz gerutscht ist (VersicherungsJournal 12.3.2025), stellt sich die Frage, wie die Ansprüche deutscher Kunden bei ausländischen Lebensversicherern geschützt sind – zumal für die Verträge in der Regel das nationale Recht des Herkunftslandes gilt.
Viele Altersvorsorgeverträge deutscher Kunden werden von liechtensteinischen Lebensversicherern betreut. Laut Angaben der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA) waren dort im Jahr 2023 spartenübergreifend 32 Versicherer registriert. Diese erzielten Bruttobeitragseinnahmen in Höhe von 5,74 Milliarden Schweizer Franken – das entspricht rund sechs Milliarden Euro.
Welche Lebensversicherer mit Sitz in Liechtenstein in Deutschland Geschäft betreiben, verrät die Unternehmensdatenbank der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Dort sind sie der Rubrik „EWR-Dienstleister (VA)“ oder „EWR-Niederlassungen (VA)“ zugeordnet.
Die Bafin ist jedoch weder für die Aufsicht noch für die Zulassung des deutschen Geschäfts zuständig. Diese obliegt der FMA.
Aktuell listet die Bafin neun Anbieter, die Lebengeschäft in Deutschland betreiben:
Wie viele deutsche Kunden aktuell eine Lebenpolice in Liechtenstein haben, lässt sich nicht genau nachverfolgen, da nicht alle Anbieter ihre Geschäftstätigkeit in Deutschland separat ausweisen. Eine entsprechende Anfrage des VersicherungsJournals beantworteten bis Redaktionsschluss nur die Prismalife, die Liechtenstein Life und die Fortuna.
In Liechtenstein gibt es keine Sicherungseinrichtung wie die deutsche Protektor AG, bestätigte ein Sprecher der Finanzmarktaufsicht (FMA) dem VersicherungsJournal. Allerdings existieren Mechanismen, die Versicherungsnehmer im Fall finanzieller Schwierigkeiten eines Lebensversicherers schützen.
So sind die Assekuranzen verpflichtet, die Solvency-II-Richtlinie einzuhalten. „Durch die Solvency-II-Richtlinie wurden die Solvabilitätsanforderungen für Versicherer verschärft. Den Anforderungen liegt eine ganzheitliche Risikobetrachtung zugrunde“, erklärt der FMA-Sprecher.
„Versicherer müssen anrechnungsfähige Eigenmittel in einer Höhe bereithalten, die den Versicherern die Möglichkeit gibt, hohe unerwartete Verluste auszugleichen und den Versicherten hinreichende Gewähr dafür bietet, dass bei Fälligkeit Zahlungen geleistet werden.“ Die Behörde überwache die Einhaltung der Solvabilitätsregeln.
Entsprechend der Solvency-II-Richtlinie und Artikel 100 VersAG sind die Versicherer auch verpflichtet, jährlich Geschäftsberichte zu veröffentlichen sowie in SFCR-Berichten ihre Finanzstabilität nachzuweisen. Diese Berichte sind in der Regel auf den Webseiten der Versicherer auch in deutscher Sprache verfügbar.
Vom Risiko der Insolvenz des Versicherers zu unterscheiden sei das mit Anlageprodukten verbundene Risiko. „Anbieter sind verpflichtet, sicherzustellen, dass empfohlene Produkte zu den Anlagezielen, der Risikotoleranz und den finanziellen Verhältnissen des jeweiligen Kunden passen“, so der Sprecher weiter.
Zudem müsse geprüft werden, ob der Versicherungsnehmer ausreichende Kenntnisse hat, um das angebotene Versicherungsprodukt vollständig zu verstehen.
Was passiert, wenn ein Versicherer in die Insolvenz rutscht, regelt Artikel 31 VersVG. Dort heißt es: „Wird über ein Versicherungsunternehmen der Konkurs eröffnet, so erlischt der Vertrag mit Ablauf von vier Wochen, von dem Tag an gerechnet, da die Konkurseröffnung bekannt gemacht worden ist.“
Zusätzlich wird in Absatz zwei des Artikels ergänzt, dass im Fall der Lebensversicherung der Versicherungsnehmer das Deckungskapital zurückfordern könne.
Ein zusätzlicher Schutz für das angesparte Kapital besteht darin, dass die entsprechenden Vermögenswerte der Kunden im Insolvenzfall als Sondermasse behandelt werden. Die rechtlichen Grundlagen dafür finden sich in Artikel 161 VersAG.
Demnach haben andere Gläubiger des Versicherers auf diese Vermögenswerte keinen Zugriff und sie werden auch nicht Teil der Insolvenzmasse, sondern davon losgelöst behandelt. Über diese Sondermasse wacht die Finanzmarktaufsicht.
Das Insolvenzgericht hat laut Gesetz zu veranlassen, dass das Verzeichnis über die entsprechenden Werte sofort aufgestellt und der Behörde übermittelt wird. Die vorgelegte Aufstellung darf nach Eröffnung des Konkursverfahrens nur mit Zustimmung eines Landgerichts nachträglich korrigiert werden.
Auch nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bleiben Rückflüsse und Erträge aus den Sondervermögen sowie nachträglich eingehende Prämien dem Sondervermögen zugeordnet und sind entsprechend vor dem Zugriff Dritter geschützt.
Versicherungsnehmer müssen im Insolvenzfall nicht befürchten, dass ihre Ansprüche übersehen werden. Forderungen, die aus den Unterlagen des Versicherers eindeutig hervorgehen – etwa bereits bestehende Ansprüche auf Leistungen oder Rückzahlungen – gelten automatisch als angemeldet.
In welcher Reihenfolge die Gläubiger im Insolvenzfall bedient werden, geht aus der sogenannten Rangordnung hervor, die in Artikel 161a VersAG geregelt ist.
Versicherungsforderungen genießen demnach Vorrang vor allen anderen Konkursforderungen. Innerhalb dieser Kategorie müssen Ansprüche auf die Versicherungsleistung vorrangig bedient werden. Weitere Forderungen im gleichen Rang, wie etwa für Beitragsrückerstattungen, werden nach der Höhe ihrer Beträge ausgeglichen.
Auch wenn das liechtensteinische Recht mit der Einstufung der Kundengelder als Sondermasse einen gewissen Insolvenzschutz bietet, drohen deutschen Kunden Nachteile gegenüber einer Police bei einem inländischen Versicherer. Vermittler sind verpflichtet, bei Vertragsabschluss über die speziellen Risiken eines ausländischen Produktgebers aufzuklären (14.10.2024):
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