Wer haftet, wenn der Radfahrer über einen angeleinten Hund stürzt?

22.4.2025 – Ein Radfahrer scheiterte vor dem Landgericht Koblenz mit seinem Anliegen, die Erben eines Gassigängers haftbar zu machen, nachdem er über den angeleinten Hund gestürzt war. Dabei stellte sich bereits die Frage, ob er überhaupt die richtige Person verklagt hatte.

Ein inzwischen verstorbener Mann führte gelegentlich den Hund des Nachbarn aus. Obwohl der Hund angeleint war, kreuzte er den Fahrweg eines Radfahrers, so dass dieser nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte, sich überschlug und schwer stürzte. Dabei wurde sein Fahrrad beschädigt.

Daraufhin verlangte der Zweiradfahrer von den Erben des Hundeführers Schadenersatz für den Sturz und das beschädigte Rad.

Muss der Gassigänger haften?

Gestritten wurde vor Gericht zunächst darüber, ob der verstorbene Gassigänger überhaupt der richtige Adressat für die Klage ist. Denn er war nicht Halter des Hundes, sondern führte ihn nur gelegentlich aus.

Bereits die erste Instanz hatte den Radfahrer darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Verstorbenen nicht um den Tierhalter gemäß § 833 BGB handle, so dass er auch nicht für die Gefährdungshaftung des Tieres einstehen müsse. Ungeachtet dieser Tatsache hielt der Mann an seiner Klage fest.

Darüber hinaus behauptete der Kläger, der Hundeausführer habe grob fahrlässig gehandelt, weil er die Leine nicht kurz genug gehalten habe. Hierzu hat er behauptet, der Verstorbene sei auch im Vorfeld des Vorfalls mehrfach darauf hingewiesen worden, dass er den Hund nicht an einer so langen Leine laufen lassen solle.

Klage ohne Aussicht auf Erfolg

Bereits mit einem Beschluss vom 4. März 2025 (13 S 45/24) hatte das Landgericht Koblenz den Verunglückten darauf hingewiesen, dass seine Berufung gegen ein vorheriges Urteil des Amtsgerichtes Sinzig vom 27. November 2024 (14 C 233/22) voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen.

Demnach konnte der Verunfallte nicht nachweisen, dass der Erblasser tatsächlich Tierhalter des Hundes ist. Auch scheiterte er mit der Behauptung, dass der Gassigänger als Tieraufseher gemäß § 834 BGB in Erscheinung trat, was einen Haftungsanspruch begründet hätte.

So erwies sich das Argument nicht als tragfähig, der Mann sei bereits deshalb Tieraufseher gewesen, weil er den Hund regelmäßig ausgeführt habe. Denn damit jemand entsprechend für die Aufsicht über das Tier verantwortlich gemacht werden kann, ist laut Gesetz ein schriftlicher Vertrag erforderlich. Dieser lag nicht vor. Es habe sich um ein reines Gefälligkeitsverhältnis gehandelt, betonte das Gericht.

„Radfahrer haben auf gemeinsamen Geh- und Radwegen die Belange der Fußgänger besonders zu berücksichtigen.“

Landgericht Koblenz

Kein grob fahrlässiges Handeln erkennbar

Auch ein grob fahrlässiges Handeln konnte das Gericht nicht erkennen. Der Verstorbene habe den Hund unstreitig an der Leine geführt, wie auch mehrere Zeugen bestätigt hätten. Es habe sich um eine handelsübliche Hundeleine gehandelt, deren Länge weniger als zwei Meter betragen habe. Dies entspreche dem Standard.

Stattdessen machten die Richter den Radfahrer auf sein eigenes Fehlverhalten aufmerksam. Er habe sich laut Zeugen mit hoher Geschwindigkeit von hinten genähert. Das Herannahen des Klägers sei für den Erblasser daher nicht ohne weiteres erkennbar gewesen, so dass er nicht mehr auf die sich abzeichnende Gefahr habe reagieren können.

Radfahrer hätte jederzeit in der Lage sein müssen, zu bremsen

„Radfahrer haben auf gemeinsamen Geh- und Radwegen die Belange der Fußgänger besonders zu berücksichtigen. Insbesondere bei unklaren Verkehrslagen müssen sie gegebenenfalls durch Klingelzeichen eine Verständigung mit dem Fußgänger herbeiführen.

Ist das nicht möglich, haben sie eine solche Geschwindigkeit einzuhalten, die ihnen notfalls ein sofortiges Anhalten ermöglicht“, heißt es hierzu im Beschluss mit Bezug auf ein Urteil des Oberlandesgerichtes Hamburg vom 8. November 2019 (1 U 155/18, VersicherungsJournal Medienspiegel 25.8.2020).

Das Landgericht hob in seinem Hinweisbeschluss hervor, dass eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erforderlich sei und die Berufung gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückgewiesen werde. Der Klägerseite wurde eine Frist von drei Wochen zur Stellungnahme eingeräumt. Da diese ungenutzt verstrich, wurde die Berufung mit Beschluss vom 4. März 2025 endgültig abgewiesen.

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Schlagwörter zu diesem Artikel
Gefährdungshaftung · Schadenersatz
 
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