20.1.2023 – Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, ob eine Witwe einen Anspruch auf Zahlung von Witwenrente hat, wenn ihr Mann vor Ablauf eines Jahres nach der Eheschließung an den Folgen einer schweren Erkrankung verstirbt. Das geht aus einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Bayern vom 1. Juni 2022 hervor (14 B 20.1283).
Nach einem Bericht des Deutschen Anwaltvereins hatte die Klägerin ihren späteren zweiten Ehemann im Jahr 2013 kennengelernt. Ein Jahr später zog sie bei ihm ein. Kurz darauf wurde bei dem Ruhestandsbeamten ein Karzinom diagnostiziert. Das konnte erfolgreich behandelt werden.
Nachdem sich die Frau von ihrem ersten Mann hat scheiden lassen, reservierten sie und ihr neuer Partner für Anfang Juni 2016 einen Hochzeitstermin. Als das Paar im Januar 2016 beim Standesamt seine Heiratsunterlagen abgeben wollte, wurde ihm vom Standesbeamten bedeutet, nicht erst im Juni, sondern noch am gleichen Tag heiraten zu können. Darauf ließ es sich spontan ein.
Die Ehe währte jedoch nur acht Monate. Denn im August des Jahres verstarb der Mann an den Folgen eines Hirntumors. Der war Ende Dezember 2015 diagnostiziert worden.
Angesichts des zeitnahen Dahinscheidens des Ehegatten ging der Rentenversicherungs-Träger davon aus, dass die Ehe nur aus Gründen der Versorgung der Klägerin geschlossen worden sei. Er lehnte daher die Zahlung einer Witwenrente ab.
Ein Anspruch auf die Gewährung einer Witwen- beziehungsweise Witwerrente würde nach dem Willen des Gesetzgebers erst dann bestehen, wenn eine Ehe mindestens ein Jahr vor dem Tod einer der Partner bestanden habe.
Das wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof auch nicht in Abrede gestellt. Er gab der Klage der Hinterbliebenen auf Zahlung einer Witwenrente gleichwohl statt.
In ihrer Urteilsbegründung beriefen sich die Richter auf § 46 Absatz 2a SGB VI. Der lasse eine Ausnahme von der Jahresregel zu, wenn diese durch die besonderen Umstände eines Einzelfalls gerechtfertigt sei.
Dort heißt es: „Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenen-Versorgung zu begründen.“
Die Richter zeigten sich davon überzeugt, dass die Betroffenen vor allem aufgrund der inneren Verbundenheit und ihres Wunsches, als Ehepaar zusammenzuleben, geheiratet haben. Damit hätten nicht-versorgungsorientierten Beweggründe zumindest gleichgewichtig neben etwaigen Versorgungsaspekten bestanden.
Als das Paar den Hochzeitstermin festgelegt habe, hätten sich bei dem Mann nach Aussage der behandelnden Ärzte keine Hinweise auf ein Fortbestehen seiner ursprünglichen Tumorerkrankung mehr gefunden. Das Paar habe folglich nicht damit rechnen müssen, dass der Mann weiterhin lebensbedrohlich erkrankt sein könnte.
Vor diesem Hintergrund spreche die Tatsache, dass die Ehe nicht wenigstens ein Jahr gedauert habe, daher nicht gegen die Bewilligung von Witwengeld.
Dass es bei der Frage, ob von einer Versorgungsehe auszugehen ist oder nicht, auf den Einzelfall ankommt, belegt eine Vielzahl von Urteilen zu dem Thema. Dies zeigt die Berichterstattung zu einigen der Entscheidungen VersicherungsJournal Archiv.
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