4.11.2025 – Die Zahl der kleinen und regional tätigen Maklerbüros könnte sich in den kommenden zehn Jahren halbieren. Diesen Ausblick gab die Unternehmensberatung Oliver Wyman auf der Fachmesse DKM. Anschließend wurde diskutiert, wie die Chancen für kleinere Wettbewerber stehen, ihre Unabhängigkeit zu halten – auch gegenüber Maklerpools und Versicherern.
„Maklerzahlen im Rückwärtsgang – Ist der Kleinmakler der Tante-Emma-Laden des Versicherungsvertriebs?“ So lautete der Titel einer Diskussionsrunde auf der Messe DKM am Mittwoch. Sie war Teil des Kongresses „Maklermarkt 2035“.
Im Mittelpunkt stand die Frage, ob kleineren und inhabergeführten Maklerbüros in den kommenden Jahren dasselbe Schicksal droht wie einst den Tante-Emma-Läden: Sie verschwinden, während sich die Marktmacht zunehmend auf wenige große Player konzentriert.
Im Lebensmittelhandel wird heute fast das gesamte Geschäft von fünf großen Konzernen dominiert, die mit Ketten wie Lidl, Aldi oder Rewe kleinere Wettbewerber fast vollständig verdrängt haben.
Zu Beginn der Veranstaltung stellte Dr.-Ing. Dietmar Kottmann, Partner und Market Lead DACH Insurance and Asset Management bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman GmbH, eine Studie vor. Die zeigt, wie sich der Versicherungs- und Maklermarkt aktuell entwickelt – und wie sich dieser Trend bis 2035 fortsetzen könnte.
Demnach teilen sich internationale und nationale Großmakler sowie mittelständische Makler weitestgehend die Zielgruppen Industrie, Mittelstand und Gewerbe auf. Sie verfügen überwiegend über Direktanbindungen zu den mehr als 300 Versicherern und 150 Assekuradeuren in Deutschland.
Dem entgegen sind Regionalmakler und Einzelmakler stark auf das Geschäft mit Privatkunden, Selbstständigen und Kleingewerben fokussiert. Die Anbindungen an die Versicherer erfolgen über Pools und Verbünde sowie spezialisierte Plattform-Anbieter.
Dieses Segment wird derart definiert, dass sie null bis fünf Mitarbeiter beschäftigen, Umsatzerlöse von weniger als 750.000 Euro im Jahr erzielen und in der Regel inhabergeführt sind.
Wie Kottmann ausführte, verändert sich derzeit die Vermittlerbranche stark. Doch die Haupttreiber der Branchenveränderung haben überwiegend negative Auswirkungen für Einzel- und Regionalmakler, sofern sie das Ziel haben, selbstständig zu bleiben – aber auch für mittelständische Makler:

Infolge dieser Entwicklung könnte sich die Zahl der inhabergeführten Einzel- und Regionalmakler innerhalb der nächsten zehn Jahre nahezu halbieren, so führte Kottmann aus. Die Branche habe demnach bis zu 50 Prozent Abgänge zu verzeichnen – durch Makler, die in den Ruhestand wechseln oder aus dem Geschäft aussteigen.
Dabei haben die Aussteiger vier Handlungsoptionen:
Gleichzeitig verzeichnen Versicherungsmakler weiterhin Zulauf – vor allem durch Übertritte aus Strukturvertrieben oder aus der Ausschließlichkeitsorganisation. Dieser Zustrom kann die Abgänge jedoch nicht ausgleichen.
Nach Einschätzung der Analysten von Oliver Wyman wird daher die Zahl der Einzel- und Regionalmakler bis 2035 auf nur noch rund 10.000 bis 12.000 sinken. Das verbleibende Maklergeschäft dürfte sich dabei auf immer weniger Akteure konzentrieren.

Doch wie bewerten die Diskussionspartner den Ausblick – wird der Maklermarkt tatsächlich so stark schrumpfen? Und welche Chancen bestehen für kleinere Wettbewerber, ihre Unabhängigkeit zu bewahren?
Rechtsanwalt Dr. Ingo Wagner, Geschäftsführer der Wagner & Hines Associates GmbH, berät mit seinem Unternehmen verkaufswillige Versicherungsmakler. Entsprechend lenkte er den Blick auf Akteure, die mit Konsolidierern zusammenarbeiten wollen. Er betonte die Notwendigkeit, Chancengleichheit zwischen verkaufenden und aufkaufenden Parteien herzustellen.
Unternehmen, die auf Aufkäufe spezialisiert seien, hätten dies bereits 30- bis 40-mal getan, wie Wagner hervorhob. Sie kennten die Abläufe genau und seien bei Bestandsübernahmen „mit allen Wassern gewaschen“. Ziel müsse es daher sein, Makler so zu befähigen, dass sie den Investoren auf Augenhöhe begegnen und ihre Interessen einbringen können.
Es ist etwas anderes, fremdes Geld auszugeben, als aus einem zusammengekauften Maklerportfolio etwas Sinnvolles, Gemeinsames zu schaffen.
Rechtsanwalt Dr. Ingo Wagner
Zudem warnte Wagner davor, dass auch Konsolidierer selbst scheitern könnten. Er rechne damit, dass es bereits in diesem Jahr erstmals einen Anbieter auf dem deutschen Markt treffen werde – ohne einen Namen zu nennen. Es sei „etwas anderes, fremdes Geld auszugeben, als aus einem zusammengekauften Maklerportfolio etwas Sinnvolles, Gemeinsames zu schaffen“, so Wagner.
Scheitere ein Konsolidierer, stelle sich die Frage, was mit den Beständen der integrierten Makler geschehe. In der Regel würden diese von einem anderen Konsolidierer übernommen – die betroffenen Makler seien diesem Prozess jedoch weitgehend ausgeliefert.
Wagner erwartet daher, dass zum einen die Aufkäufer künftig zielgerichteter vorgehen, zum anderen die Makler vorsichtiger prüfen, ob und an wen sie ihre Bestände abgeben. Das könnte die weitere Konsolidierung spürbar verlangsamen.
Die Frage, ob auf dem deutschen Markt britische Verhältnisse drohten, verneinte der Anwalt indirekt. In Großbritannien habe die Konsolidierung im Maklermarkt bereits vor rund 30 Jahren begonnen; dort laufe derzeit die vierte Welle solcher Übernahmen. Bei einem vergleichbaren Prämienvolumen gebe es auf der Insel inzwischen nur noch rund 4.500 bis 5.000 Versicherungsmakler.
Deutschland befinde sich dagegen erst am Ende der ersten Konsolidierungswelle. Der Markt sei strukturell anders aufgebaut: Während sich britische Versicherungsmakler traditionell stark auf das Gewerbegeschäft konzentrieren, spielt in Deutschland das Privatkundensegment eine deutlich größere Rolle. Das Gewerbegeschäft biete sich für Konsolidierungen besonders an. Hinzu kämen aufsichtsrechtliche Besonderheiten in Großbritannien.
Wir kommen aus einer Zeit der Verkäufer und müssen in einen Markt der Unternehmer.
Thomas Billerbeck, BDVM
Thomas Billerbeck, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungsmakler e.V. (BDVM), betonte die Chancen der Marktkonsolidierung. Er verwies darauf, dass viele Makler früher eher nach dem Bauchladenprinzip gearbeitet hätten – also eine möglichst große Produktpalette bereithielten.
Nun beobachte er eine zunehmende Zielgruppenfokussierung im Markt, die es erlaube, Prozesse und Kosten gezielter zu steuern. „Wir kommen aus einer Zeit der Verkäufer und müssen in einen Markt der Unternehmer“, hob Billerbeck hervor.
Notwendig hierfür seien eine klare Spezialisierung auf Branchen oder Sparten, stringente Prozesse und automatisierte Workflows, die sich gezielt auf die Kundenansprache ausrichten.
Dabei könnten auch regionale Zusammenschlüsse und Kooperationen von inhabergeführten Maklerhäusern hilfreich sein – etwa, dass sie ihr Backoffice gemeinsam verwalten oder sich über Beteiligungsmodelle organisieren.
Furchtbaren Fehlentwicklung.
Michael H. Heinz, BVK, zum Rückgang der Neugründungen
Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK), beobachtet, dass die Zahl der Versicherungsmakler, die ihr Geschäft „auf der Wiese gründen“, massiv abnimmt. Zwar wachse die Mitgliederzahl der Makler im Verband, doch handle es sich dabei häufig um Wechsler – also um Makler, die aus der Ausschließlichkeit oder von Strukturvertrieben kommen.
Den Rückgang der Neugründungen führt Heinz auch auf das Verhalten der Versicherer zurück. Er spricht von einer „furchtbaren Fehlentwicklung“ im Markt: So würden Versicherer eine Anbindung teils davon abhängig machen, dass ein Makler eine bestimmte Anzahl an Verträgen vorweist.
Große Maklerpools könnten zwar dazu beitragen, die Unabhängigkeit der Makler zu sichern – zugleich bergen sie im Zweifel selbst ein Risiko für eben diese Unabhängigkeit, wie Heinz weiter ausführte.
Das verdeutlichte er am Beispiel einer beim BVK organisierten Maklerin: Sie habe Verträge auf einen anderen Dienstleister übertragen wollen. Doch vom Versicherer habe sie sinngemäß die Antwort erhalten: „Mit dir rede ich schon gar nicht mehr, ich rede nur mit dem Dienstleister“ – also mit dem Maklerpool selbst.
Es bestehe die Gefahr, dass Versicherungsmakler von Versicherern nicht einmal mehr angehört werden.
Heinz beobachtet, dass verbundene Makler mitunter bereits wie Ausschließlichkeitsorganisationen eines Pools agieren. So gebe es Anbindungen, die mit Incentive-Modellen arbeiten. Viele neue Makler würden zudem direkt über einen Pool in den Markt einsteigen.
Diese Entwicklungen führten nicht nur dazu, dass die Pools an Marktmacht gewinnen, sondern auch zu einer rechtlich zunehmend unklaren Situation. Der BVK verfolge mittlerweile mehrere tausend Rechtsvorgänge im Jahr, in denen es um die Frage gehe, wem der Vertrag eigentlich „gehöre“. Wichtig sei es folglich, die Bestands- sowie Vertragsmacht bewusst beim Makler zu halten.
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