17.3.2023 – Die Bafin plant kein Provisionsverbot für den Versicherungsvertrieb. Dies erklärte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion. Äußerungen der EU-Kommissarin Mairead McGuinness, die auf eine Abschaffung der Provisionsberatung zielen, wurden allerdings dahingehend kommentiert, dass die Meinungsbildung des Kabinetts zu dieser Frage noch nicht abgeschlossen sei. Man werde „im Lichte der zu erwartenden Vorschläge der Europäischen Kommission hierüber entscheiden“.
Brüssel plant die Verabschiedung einer Kleinanlegerstrategie. Konkrete Vorschläge dazu sollen bereits in diesem Frühjahr auf den Tisch kommen. Im Vorfeld dazu hat die zuständige Kommissarin Mairead McGuinness durchblicken lassen, darin ein Verbot von Anlageberatungen auf Provisionsbasis verankern zu wollen.
Der Grund: McGuinness hält die für Provisionen aufgewendeten Kosten für zu hoch, wodurch die Rendite von Anlageprodukten übermäßig geschmälert werde. Dies mutmaßt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in einer „Kleinen Anfrage“ an die Bundesregierung. Die Unions-Politiker haben dem Kabinett Anfang Februar 34 Fragen zum drohenden EU-Verbot vorgelegt.
Die Kommissarin habe geäußert, eine Beratung zu „erschwinglichen Gebühren“ sei hingegen möglich, ebenso über Algorithmen-basierte Systeme im Internet (Robo-Advisors), schreiben die Schwesterparteien. Als Referenzmärkte für ein Provisionsverbot seien Großbritannien und die Niederlande genannt worden.
„Offen ist nach Kenntnis der Fragesteller dabei bislang, ob sich ein Provisionsverbot auf Finanzanlagen beschränken oder auch für Versicherungs-Anlageprodukte gelten soll. Unklar ist aus Sicht der Fragesteller auch, ob es nur für Banken oder auch für selbstständige Finanzanlagen- und Versicherungsvermittler gelten soll, die gerade auf dem deutschen Finanzmarkt eine große Bedeutung haben“, heißt es in der Anfrage.
Die Abgeordneten der Union machen zugleich deutlich, was sie von den Plänen halten: „Ein Verbot von Provisionsberatungen würde […] zu sozialpolitischen Verwerfungen führen, da sich […] vor allem Verbraucher mit niedrigen Sparraten und Menschen im Niedriglohnsektor kaum noch beraten lassen werden und sie damit in Zeiten steigender Preise und hoher Inflation von ergänzenden Alters- und Rentenprodukten für ihre Altersvorsorge abgeschnitten wären.“
Da Honorarberater in der Regel nach Zeitaufwand abrechnen würden, stünden die realistisch erzielbaren Renditen in keinem sinnvollen Verhältnis zum Honorar einer Beratung. Außerdem seien laut einer Studie der KPMG AG Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft 74 Prozent aller Kunden überhaupt nicht zur Zahlung eines Honorars bereit.
Überdies wurde in den Niederlanden der CDU/CSU-Fraktion zufolge nach Erlass des Verbots ein Rückgang in der Anlageberatung festgestellt. Ohne eine Beratung bestünde daher nach Meinung der Fragesteller die erhebliche Gefahr, dass Kleinanleger entweder gar nicht vorsorgen oder aber Fehlinvestitionen tätigen – insbesondere auch bei einer Beratung mittels Robo-Advisors im Internet.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (Bafin) prüfe und bewerte gegenwärtig die eingereichten Stellungnahmen zum „Merkblatt Konsultation 08/2022 zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten“ (20.1.2023, 18.1.2023, 3.11.2022, 2.11.2022, 1.11.2022), berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die „Kleine Anfrage“.
Die Aufsichtsbehörde werde den Entwurf des Merkblatts überarbeiten, plane aber derzeit kein Provisionsverbot für den Versicherungsvertrieb, heißt es darin. Eine solche Regelung könnte im Übrigen nur der Gesetzgeber treffen.
Auf die Frage, ob der Bundesregierung bereits Erkenntnisse nach der Einführung eines Provisionsdeckels von 2,5 Prozent zum 1. Juli 2022 (25.2.2021) vorliegen, heißt es, die Bafin habe eine Abfrage zu den Auswirkungen durchgeführt. Diese habe keinerlei aufsichtliche Missstände ergeben.
Auf die Äußerungen der EU-Kommissarin angesprochen, die eine Abschaffung der Provisionsberatung zum Ziel haben könnten, wird mitgeteilt, dass die Meinungsbildung des Kabinetts zu dieser Frage noch nicht abgeschlossen sei. „Die Bundesregierung wird im Lichte der zu erwartenden Vorschläge der Europäischen Kommission hierüber entscheiden“, lautet die Antwort.
Die Position von McGuinness, Roboterberatung sei eine kostengünstige Alternative für Kleinanleger, wird allerdings skeptisch gesehen. Bei der automatisierten Finanzportfolio-Verwaltung gebe es besondere Risiken, beispielsweise aufgrund nicht hinreichender Finanzkompetenz und oder fehlender menschlicher Interaktion, heißt es.
Es lägen außerdem keine gesicherten Erkenntnisse vor, wie sich ein mögliches Provisionsverbot auf die Entwicklung sowohl der privaten Altersvorsorge als auch der Investitionstätigkeit bei Kleinanlegern und Anlegern aus dem Niedriglohnsektor auswirken würde, wird auf weitere Fragen reagiert.
Ebenso gebe es keine Erkenntnisse darüber, ob Provisionen systematisch zu einer für den Verbraucher unvorteilhaften Beratung führen.
Die Beobachtungen für den niederländischen Markt nach Einführung eines Zuwendungsverbots könnten nicht unmittelbar auf den deutschen Markt übertragen werden, so die Antwort auf eine weitere Nachfrage. Dies folge nicht zuletzt aus strukturellen Unterschieden im System der Altersvorsorge.
Des Weiteren könnten die Beobachtungen aus den Niederlanden unterschiedlich interpretiert und bewertet werden. Beispielsweise könne der dort nach Informationen der Bafin zu beobachtende Anstieg des beratungsfreien Geschäfts […] aus Sicht des Verbraucherschutzes durchaus kritisch gesehen werden, da es regulatorisch ein niedrigeres Schutzniveau bietet und deshalb ein besonderes Maß an Finanzkompetenz voraussetzt.
Und welchen Wert misst das Kabinett einer persönlichen Beratung für Kleinanleger bei? „Grundsätzlich sollte aus Sicht der Bundesregierung jeder Kleinanleger Zugang zu einer persönlichen Beratung haben können“, lautet die Antwort.
„Der Wert einer persönlichen Beratung lässt sich nicht allgemeingültig bestimmen, weil er sich vielmehr aus dem individuellen Bedarf und insbesondere dem individuellen Nutzen für den jeweiligen Kleinanleger ergibt“, so die Verfasser des Antwortschreibens.
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