30.1.2025 – Mindestens 25 Prozent weniger Verwaltungsaufwand für Unternehmen, mindestens 35 Prozent weniger für KMUs. Regelmäßiger Austausch zwischen Kommission und Wirtschaftsvertretern zu Themen der Regulierung. „Reality-Checks“ und „KMU- und Wettbewerbsfähigkeits-Checks“ für neue Regulierungsvorhaben. Bessere Begleitung für Unternehmen. Mehr Anreize statt „detaillierter Kontrolle“. Das sind Punkte aus einer neuen Strategie der EU-Kommission zum Bürokratieabbau.
„Einfacher, schlanker, schneller“: Dieses Motto soll die europäische Regulierung künftig kennzeichnen. Dieses Bekenntnis gab jedenfalls die EU-Kommission am Mittwoch mit ihrem neuen „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ ab.
Europa habe „alles, was es braucht“, um im Wettbewerb mit anderen großen Volkswirtschaften erfolgreich zu sein, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Gleichzeitig müssen wir jedoch unsere Schwächen überwinden und wieder wettbewerbsfähig werden.“
Eine dieser Schwächen soll durch „Vereinfachung“ abgebaut werden. Anders ausgedrückt, soll „der Regelungs- und Verwaltungsaufwand drastisch reduziert werden“.
Denn immerhin räumt die Kommission in dem Papier ein: Trotz der bereits bestehenden Grundsätze für eine bessere Regulierung sei die regulatorische Belastung für zwei Drittel der EU-Unternehmen ein wesentliches Hindernis für langfristige Investitionen.
Viele hätten darauf hingewiesen, dass Komplexität, Vielfalt und Dauer der Genehmigungs- und Verwaltungsverfahren Europa zu einem im Vergleich mit anderen Regionen weniger attraktiven Raum für Investitionen machen.
Um Europas Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, „müssen wir beim Bürokratieabbau viel weiter gehen als bisher“, schreibt die Kommission. Die Regulierung müsse „verhältnismäßig, stabil, kohärent und technologieneutral“ sein.
Umfassende Anstrengungen auf Unions-, mitgliedstaatlicher und lokaler Ebene seien erforderlich, um Regeln zu vereinfachen und Verwaltungsverfahren zu beschleunigen.
In der Brüsseler Behörde ist ein eigener Kommissar mit der Durchforstung des EU-Rechtsbestandes beauftragt. Das Ziel: Wege finden, die Gesetzgebung nach Bedarf zu vereinfachen, zu konsolidieren und zu kodifizieren.
Jeder Kommissar halte künftig regelmäßig „zweimal jährlich“ Dialog mit Interessenvertretern, um sich über Themen der Umsetzung der Regulierung auszutauschen, Bedenken der Wirtschaft zu hören und Möglichkeiten zur Vereinfachung und Entlastung zu identifizieren.
„Reality-Checks“, die Dienststellen der Kommission mit Vertretern der Wirtschaft durchführen, sollen ebenso zum „Stresstest“ für die EU-Regulierung beitragen.
Die Vereinfachung müsse von einem „Verständnis der praktischen Funktionsweise von Wertschöpfungsketten“ geprägt sein und ein regulatorisches System im Auge haben, das mehr auf „Vertrauen und Anreizen“ als auf „detaillierter Kontrolle“ basiert.
Als ein konkretes Ziel hatte die Kommission bisher eine Verringerung der Berichterstattungspflichten um mindestens 25 Prozent ausgegeben. Da Berichterstattung nur einen Teil des Aufwands darstelle, soll dieses Ziel künftig für die „Kosten der gesamten administrativen Belastung“ gelten, im Falle von KMUs sollen es mindestens 35 Prozent sein.
Das erste Paket ist für Februar angekündigt und soll unter anderem die Berichterstattung zur Nachhaltigkeit und die Taxonomie behandeln.
Besonderes Augenmerk will die Kommission dabei jenem Effekt widmen, dass umfangreiche Berichterstattungspflichten für größere Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette auf kleinere Unternehmen durchschlagen und bei diesen eine „exzessive“ Berichterstattung verursachen, „die von den Gesetzgebern nie beabsichtigt war“.
Die Verhältnismäßigkeit der Regulierung soll auch verbessert werden, indem eine neue Unternehmenskategorie definiert wird: Sie würde dann Unternehmen zusammenfassen, die größer als KMUs, aber kleiner als die ganz großen Unternehmen sind.
Regulatorische Vereinfachungen würden auf diese Weise unionsweit „tausenden von Unternehmen“ mittlerer Kapitalisierung zugutekommen, heißt es von der Kommission.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) bewertet den Wettbewerbskompass in einer Stellungnahme als „wichtiges Arbeitsprogramm zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit“.
„Die EU ist Heimat führender Versicherer. Um diese Spitzenposition zu halten, brauchen wir attraktivere Investitionsbedingungen und weniger Berichtspflichten“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.
Er kritisiert, dass „die 27 unterschiedlichen nationalen Insolvenzregeln ein Labyrinth für Investoren“ seien. Deshalb sollten der Gläubigerschutz verbessert und Hindernisse für grenzüberschreitende Investitionen abgebaut werden. „Wir brauchen stärkere Befugnisse für Insolvenzverwalter und einheitliche Gläubigerrechte in der EU.“
Was die Nachhaltigkeitsberichterstattung betrifft, bemängelt der GDV, dass „die wachsende Komplexität die Aussagekraft der Berichte für Investoren schmälert“. Berichtspflichten, so Asmussen, „sollten sich auf das Wesentliche konzentrieren – auf Daten, die echten Mehrwert schaffen“.
Ein Kurswechsel könne durch ein stärkeres Mandat der Europäischen Beratungsgruppe zur Rechnungslegung (Efrag) erreicht werden. „Efrag sollte bestehende Regelwerke verschlanken, statt weiter neue Anforderungen zu schaffen“, so Asmussen.
Der „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ kann als PDF-Dokument (389 KB, englisch) von der Website der EU-Kommission heruntergeladen werden. Ein kürzeres „Factsheet“ zum Kompass steht ebenfalls auf der Website zum Herunterladen bereit.
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