15.1.2025 – Die Bereitschaft, zusätzlich für das Alter vorzusorgen, wird wesentlich davon beeinflusst, mit welcher Lebenserwartung die Menschen für sich persönlich rechnen. Das zeigt eine aktuelle Auswertung der Versicherungswirtschaft. Dahinter steht auch die Frage, wie lebenslange Renten attraktiver gemacht werden können.
Wovon hängt die Bereitschaft ab, privat und betrieblich für das Alter vorzusorgen? Ein wichtiger Faktor ist, mit welcher Lebenserwartung die Menschen für sich persönlich rechnen. Darauf macht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) anlässlich einer aktuellen Umfrage aufmerksam.
Konkret hat sich der GDV eine europaweite Studie von Insurance Europe aisbl angeschaut, dem Dachverband der nationalen Versicherungsverbände Europas. In der Studie wurden 15.700 Menschen aus 15 Ländern repräsentativ befragt.
Die Umfrage zielte darauf ab, herauszufinden, ob und wie die Einschätzung der eigenen Lebenserwartung auch die Bereitschaft beeinflusst, privat für das Alter vorzusorgen. Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen unterteilt:
Welche statistischen Daten hierfür genau als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, teilt der Verband nicht mit. Und doch zeigt sich eine deutliche Tendenz: Wer mit einer höheren Lebenserwartung rechnet, ist eher bereit, in seine Altersvorsorge zu investieren.
Die Unterschiede im Vorsorgeverhalten werden laut GDV noch deutlicher, wenn man die Anteile der Vorsorgenden in den beiden Gruppen vergleicht. Bei den „Unterschätzern“ sorgen europaweit etwa 55 Prozent privat fürs Alter vor; bei den „Überschätzern“ sind es knapp 63 Prozent.
In Deutschland ist der Unterschied sogar noch etwas ausgeprägter. 67 Prozent der „Unterschätzer“ treffen Vorsorgemaßnahmen für das Alter, während es bei den „Überschätzern“ 77 Prozent sind – ein Unterschied von rund zehn Prozentpunkten.
Als Vorsorgeprodukte wurden hier verschiedene Arten der kapitalgedeckten Zusatzvorsorge gewertet, so berichtet der GDV: sowohl die betriebliche als auch die private Altersvorsorge sowie Investmentfondsprodukte. Nicht mitgezählt wurden Sichteinlagen oder Sparkonten.
Der GDV weist darauf hin, dass es in Deutschland grundsätzlich eine starke Tendenz gebe, die realistische Lebenserwartung zu unterschätzen. So würden sich viele Menschen an den Lebensdaten ihrer Großeltern oder Eltern orientieren und dabei ausblenden, dass sich die Lebenserwartung von Generation zu Generation verbessert, beispielsweise aufgrund des medizinischen Fortschritts.
Der Verband selbst hat mit der Kampagne „7 Jahre länger“ auf dieses Phänomen hingewiesen und wollte damit ein Bewusstsein für die steigende Lebenserwartung schaffen (Archiv). Anlass war eine repräsentative Umfrage der Forsa Politik und Sozialforschung GmbH aus dem Jahr 2017.
Die Befragung ergab, dass die männlichen Teilnehmer ihre Lebenserwartung mit 77,4 Jahren und die Frauen mit 80,8 Jahren deutlich unterschätzten. Laut der 2017 gültigen Generationensterbetafel des Statistischen Bundesamts lag die durchschnittliche Lebenserwartung der Männer bei 84,7 Jahren und die der Frauen bei 88,7 Jahren. Damit verschätzten sich die Männer um 7,3 Jahre und die Frauen um 7,9 Jahre.
Solche Fehleinschätzungen wirken sich nicht nur darauf aus, ob Menschen überhaupt privat fürs Alter vorsorgen, sondern auch darauf, wie sie es tun. Wer davon ausgeht, nicht sehr alt zu werden, ist oft weniger geneigt, das finanzielle Risiko eines langen Lebens abzusichern – etwa durch den Abschluss einer privaten Rentenversicherung, die bis zum Lebensende zahlt.
Diese Tendenz zeigt sich auch in den Zahlen. Nur rund 37 Prozent der „Unterschätzer“ sind bereit, für einen solchen Langlebigkeitsschutz zu zahlen. Bei den anderen Befragten liegt dieser Anteil mit 41 Prozent deutlich höher, was auf eine größere Bereitschaft hinweist, den Faktor Langlebigkeit bei der Vorsorge einzurechnen.
„Die Unterschätzung der eigenen Lebenserwartung hat Einfluss auf die Entscheidung gegen eine lebenslange Rente“, bestätigt Professor Dr. Andreas Richter, Leiter des Instituts für Risikomanagement und Versicherung an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
In einer Studie, die Richter gemeinsam mit Co-Autoren durchgeführt hat, wurden die Gründe untersucht, warum sich Menschen gegen die Verrentung ihres Vermögens entscheiden. Ein wichtiger Faktor ist der Wunsch, einen Teil des Ersparten an die Hinterbliebenen zu vererben, was bei einer Rentenversicherung nur begrenzt möglich ist.
Zudem spiele die weit verbreitete Unwissenheit über die eigene Lebenserwartung eine entscheidende Rolle. Richter sieht daher dringenden Aufklärungsbedarf: „Eine höhere finanzielle Bildung könnte dazu beitragen, dass lebenslange Renten mehr Wertschätzung erfahren.“
Peter Schramm - Mit seiner eigenen Einschätzung zur Lebenserwartung liegt man oft richtig. mehr ...
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