Warnung vor der Kennzahl oder dem Rating-Experten

11.2.2021 – Es ist schon ein Ärgernis, dass eine Kennzahl wie die Verwaltungskostenquote immer wieder in Ratings und Rankings eingeht und gewichtet wird, obwohl selbst der Rating-Experte vor dieser Kennzahl warnt.

Vor 30 Jahren waren die Lebensversicherer noch ziemlich gleichförmig unterwegs und die Kennzahl hatte eine hohe Aussagekraft. Heute sagt die Verwaltungskostenquote kaum noch etwas über die betriebliche Effizienz der Lebensversicherer aus:

1. Zunächst gehen in den Zähler der Quote nicht nur, wie im Artikel behauptet, „lediglich die Kosten der Abteilung Betrieb“ ein. Nach § 43 RechVersV sind alle Kosten des Unternehmens den dort genannten Funktionsbereichen (Regulierung, Abschluss, Vertragsverwaltung, Kapitalanlageverwaltung) zuzuordnen, und wo dies nicht möglich ist, gemäß § 48 den Sonstigen Aufwendungen. Daraus ergibt sich in den Unternehmen eine mehr oder minder ausgeprägte Kostenschlüsselung. So landen anteilig in den Verwaltungskosten auch andere Kosten, vom IT-Bereich bis zur Kantine und Hausverwaltung.

2. Anderseits gibt es in den Betriebsbereichen auch die Antragsbearbeitung und die Risikoprüfung. Diese wiederum gehen größtenteils in die Abschlusskostenquote ein. Wie hier geschlüsselt wird, beeinflusst also ebenfalls die Kostenquoten.

3. Lebensversicherer, die mit Vermittlern zusammenarbeiten, zahlen diesen überwiegend eine laufende Bestandsbetreuungs-Provision. Diese geht aber in die Verwaltungskostenquote ein (nicht in die Abschlusskosten) – siehe § 43 (3) RechVersV. Allein daraus ergibt sich ein Kostenquotennachteil von circa einem Prozent-Punkt. Nach LVRG sehen wir am Markt deutlich differenzierte Vergütungsmodelle, die auch Auswirkungen auf die Kostenquoten haben.

4. Warum ist die große Allianz eigentlich unter den kostengünstigen Direktversicherern zu finden? Die Allianz weist einen sehr hohen Anteil von 65 Prozent der Einmalbeiträge an der gesamten Beitragseinnahme auf. Der große Nenner drückt die Verwaltungskostenquote. Es lässt sich für den Gesamtmarkt darstellen, dass der Einmalbeitragsanteil eines Lebensversicherers einen wesentlichen Anteil auf dessen Verwaltungskostenquote hat und damit Lebensversicherer mit geringen Einmalbeiträgen bei alleiniger Betrachtung der Quote „ineffizient“ wirtschaften würden.

Wenn mit reiner Mathematik solche Quoten aus Geschäftsberichtszahlen berechnet werden, so schafft das Öffentlichkeits-Aufmerksamkeit, hilfreich für die Marktteilnehmer ist das nicht. Und ein abschließender Warnhinweis wird nach schnellem Blick auf die Grafiken sowieso nicht mehr wahrgenommen.

Wann lassen sich die Rating-Experten endlich aussagefähige Kostenquoten einfallen?

Jörg Hodann

j.hodann@mc-hodann.de

zum Artikel: „Die Lebensversicherer mit den höchsten Verwaltungskostenquoten”.

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Schlagwörter zu diesem Artikel
Einmalbeitrag · LVRG · Provision · Rating · Regulierung
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