26.1.2004 – AXA stellt fest, dass sich die Verhältnisse des Gesundheitswesens durch das BGH-Urteil vom 12.03.2003 nicht nur vorübergehend geändert haben. Das BGH-Urteil führt zwangsläufig zu erhöhten Leistungen und diese müssten an die Kunden über Beitragsanpassungen weitergegeben werden.
Jedoch steht es AXA frei, statt dessen nach §178g (3) eine Bedingungsänderung durchzuführen, mit der die tatsächliche Leistungspflicht wieder auf den unter der Rechtsprechung vor dem BGH-Urteil geltenden Stand zurückgeführt werden.
Angemessenheit, hinreichende Wahrung der Belange der Versicherten und Zustimmung des Treuhänders sind die weiteren Voraussetzungen, die nach §178g (3) VVG gegeben sein müssen, damit die Bedingungsänderung wirksam werden kann.
Rechtlich ist dies im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn tatsächlich alle Voraussetzungen vorliegen und vom Treuhänder geprüft und bestätigt wurden. Eine schlechte Werbung für die Branche insgesamt ist es dennoch.
Denn der Begriff „Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens" ist derart wachsweich, dass man darauf fußende Bedingungsänderungen nur mit größter Vorsicht vornehmen sollte.
Im Extremfall könnte mit diesem Verfahren durch entsprechende Bedingungsänderungen jeweils ein weitgehendes Einfrieren der Regulierungspraxis auf dem bisherigen Stand bei jeder Veränderung der Rechtsprechung, jeder neu auftretenden Krankheit, jedem medizinischen Fortschritt, der Verlängerung der Lebenserwartung und jeder vermehrten Inanspruchnahme durchgesetzt werden, denn all dies sind nicht nur vorübergehende Veränderungen der Verhältnisse des Gesundheitswesens.
Man muss nur, wie AXA argumentiert hat, nachweisen, dass andernfalls die Leistungen steigen und die Beiträge erhöht werden müssten. Gibt es neue, teurere und bisher noch nicht entwickelte Heilverfahren, könnten diese in der privaten Krankenversicherung nachträglich ausdrücklich ausgeschlossen werden.
Nehmen die Versicherten bestimmte aufwendigere Leistungen vermehrt in Anspruch, kann der Versicherer diese Leistungen per Bedingungsänderung begrenzen. Leistet der Versicherer für bestimmte Heilbehandlungen nicht, weil sie medizinisch nicht anerkannt sind, so kann er sie nachträglich entsprechend seiner bisherigen Leistungspraxis durch Bedingungsänderung nach §178g (3) VVG ausschließen, sobald sie später einmal von der Medizin anerkannt werden.
Dass die von der privaten Krankenversicherung als Vorteil angeführte „vertragliche Garantie der Versicherungsleistungen" nicht bedeutet, dass diese unveränderbar sind, hätte man wissen können.
Vermehrte Inanspruchnahme und medizinischer Fortschritt werden im Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz von Prölls/ Martin ausdrücklich als Gründe für mögliche Bedingungsänderungen nach §178g (3) VVG genannt.
Hier wird auch festgestellt, dass der Versicherer, auch wenn er die Wahl zwischen einer Leistungseinschränkung/ Bedingungsänderung und einer Beitragsanpassung hat, nach eigenem Ermessen wählen darf.
Der Treuhänder muss es akzeptieren, wenn statt der Beitragserhöhung eine Leistungsminderung erfolgen soll. Dass selbst vertraglich garantierte Leistungen auf diese Weise vermindert werden können, stellt Prölls/ Martin zu §178g VVG fest: „Man denke an Kostensteigerungen durch medizinischen Fortschritt oder eine häufige Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe, die ein solches Ausmaß erreichen, daß sie sich nicht nur mit relativ maßvollen Prämienerhöhungen bewältigen lassen, sondern (auch) Leistungsminderungen erfordern“.
Dass AXA einmal daran erinnert, was die vertragliche Garantie der Versicherungsleistungen in der privaten Krankenversicherung allgemein bedeutet, ist ein nützlicher Nebeneffekt der Diskussion.
Peter Schramm
info@pkv-gutachter.de
zum Artikel „Axa will nicht mehr bezahlen”.
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