Der BdV ist nicht immer die richtige Adresse!

19.3.2002 – Es mag ja in Ordnung sein, dass sich jemand um die abertausend "falsch Versicherten" kümmert. Ob der BdV hier allerdings die richtige Adresse ist, daran habe ich so meine Zweifel. Meines Erachtens macht es sich der BdV sehr einfach, wenn er von einem sicheren Hügel aus das Geschehen auf dem Versicherungsmarkt beobachtet und die Geschehnisse dort nur verdammt.

Von einer konstruktiven Kritik ist er nämlich meilenweit entfernt. Leider hat der BdV seit seiner Gründung bei mir nur den Eindruck hinterlassen, dass jeder falsch versichert ist, der sich nicht bei einer Gesellschaft versichert, die den Segen des BdV erhalten hat (sprich keine Provisionen an Vermittler zahlt).

Ich möchte nicht in Frage stellen, dass tausende von Versicherungsverträgen zu teuer, falsch, unzureichend oder gar überflüssig sind. Wir machen alle Fehler und Versicherungsvermittler ist kein Lehrberuf; Verbraucherschützer ist aber auch keiner.

Wenn ich aber eines in meiner mehr als 20-jährigen Tätigkeit gelernt habe, dann ist es die Erfahrung, nie ein Urteil zu fällen, bevor ich nicht beide Seiten gehört habe. Wenn ich mir ein Urteil über das Zustandekommen eines Versicherungsvertrages erlaube, dann höre ich mir nicht nur die Klagen des Versicherten an.

Aus völlig unterschiedlichen Gründen wird teilweise auf eine Vertragsgestaltung verzichtet, was sich später als fataler Fehler herausstellt. Meist sind es finanzielle Gründe, manchmal sind Verträge aber auch nur zeitlich überholt, weil sich die persönliche Situation des Versicherten grundlegend verändert hat.

Keinesfalls kann ich aber ein "Mitverschulden" des Versicherten von Anfang an zu 100 Prozent ausschließen. Dazu müsste ich das vorausgegangene Verkaufsgespräch mit all den Beweggründen kennen, die schließlich zum Vertragsabschluss geführt haben.

Die Vermittlerschaft hier indirekt pauschal an den Pranger zu stellen (über 80 Prozent der Deutschen seien katastrophal falsch versichert und wenn ich den Gedanke zu Ende führe ... kein Vermittler hat es bemerkt) kann in diesem Zusammenhang nur der Selbstdarstellung des BdV dienen.

Wobei ich noch anmerken möchte, dass die Zahl 80 bereits seit über einem Jahrzehnt durch die Blätter der Verbraucherorganisationen geistert, ohne dass sie auch nur ein einziges Mal belegt worden wäre.

Allenfalls zahlen 80 Prozent der Versicherten zuviel für ihren Versicherungsschutz. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie allesamt falsch versichert sind. Es gibt in Deutschland keinen "rule of best advice" oder einen irgendwie gearteten "rule of BdV".

Aber wenn es dem BdV denn so ernst ist, dass alle richtig versichert sind, dann verstehe ich nicht, wieso er selbst für seine Mitglieder eine Unfallversicherung vertreibt, womit er die Zahl der "katastrophal falsch" Versicherten noch erhöht.

Wieso lässt der BdV seine Mitglieder bei nicht angezeigtem Berufswechsel ins offene Messer laufen? Wieso sind seine Prämien höher als meine? Warum erhalten seine Mitglieder bei gleicher Versicherungssumme und gleichem Invaliditätsgrad weniger Entschädigung?

Wenn der BdV selbst zum Kauf unzeitgemäßer Produkte animiert, was kann dann in den Merkblättern, die er so großzügig austeilt, Besseres stehen? Ich kann gegenwärtig nicht erkennen, dass der BdV die Zeit seiner Kampfansage an die großen Versicherungskonzerne überwunden hat und konstruktiv an der Verbesserung der Lage der Versicherten arbeitet.

Yörn Grabowski

asscograbowski@compuserve.de

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