Rekordschaden durch Veruntreuung im Innen- und Außendienst

7.1.2025 – Den Versicherungsunternehmen ist 2023 ein Schaden von fast 22,7 Millionen Euro durch Unregelmäßigkeiten entstanden. Täter waren hauptsächlich Vermittler. Der größte Anteil an den konkret ausgewiesenen Tatmodalitäten entfiel laut Bafin-Zahlen ein weiteres Mal auf fingierte Verträge.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) listet in ihrer jährlich erscheinenden Statistik der Erstversicherungsunternehmen zahlreiche Bilanz- und weitere Branchenkennzahlen auf.

Die Publikation gibt unter anderem auch Aufschluss über Veruntreuungen von Versicherungsmitarbeitern beziehungsweise -vermittlern. Grundlage ist die Sammelverfügung vom 10. Dezember 2015 zur Meldung von Unregelmäßigkeiten im Versicherungsaußen- und Versicherungsinnendienst.

Zu den Unregelmäßigkeiten zählt die Aufsicht neben Fällen der Provisionserschleichung „alle strafbaren Handlungen einschließlich strafbarer Versuche aus Eigentums- und Vermögensdelikten wie zum Beispiel Diebstahl, Betrug, Untreue, Unterschlagung von Inkasso-Geldern und Computermanipulationen, die zum Beispiel zur Verbuchung von Drittgeldern auf Konten des Vermittlers führen“.

Deutlich gestiegener Schaden durch Veruntreuung

Für das Berichtsjahr 2023 wurden der Aufsicht Unregelmäßigkeiten mit einem Volumen von über 22,6 Millionen Euro angezeigt. Damit hat sich der Betrag im Vergleich zum Jahr zuvor (VersicherungsJournal 8.1.2024) mehr als verdreifacht und einen neuen Höchstwert erreicht.

Dieser lag zuvor bei mehr als 15 Millionen Euro (2015). Auch 2014, 2017 und 2018 waren es mehr als zehn Millionen Euro (27.2.2020, 8.3.2019). Der Tiefststand von knapp 3,2 Millionen Euro wurde zwei Jahr zuvor gemessen (7.9.2022).

Unregelmäßigkeiten 2014 bis 2023 in der EVU-Statistik der Bafin (Bild: Wichert)

Beteiligt an den Delikten waren 230 Personen (2022: 204; 2021: 195; 2020: 267; 2019: 212; 2018: 302; 2017: 329; 2016: 342).

Übeltäter und Schadenanteile

Wie in den Vorjahren besaßen die meisten Täter den Status „gebundener Vermittler“, wobei der Anteil von knapp zwei Drittel auf zuletzt fast drei Viertel anstieg. Diese Gruppe war allerdings für nicht einmal ein Fünftel des veruntreuten Betrags verantwortlich.

Etwa jeder 14. (2022: elfte) Betrüger war dem Lager der Makler zuzuordnen. Diese Gruppe verursachte weniger als ein Vierzigstel (ein Sechstel) des Gesamtschadens. Dafür sorgten nur neun sonstige Vermittler für über 40 Prozent des Schadens.

Weit über ein Drittel (etwa ein Fünftel) der veruntreuten Summe ging auf das Konto von Innendienstlern. Diese kommen auf einen Anteil von über einem Zehntel (Vierzehntel) an den Übeltätern. Gegenteilig verhält es sich beim angestellten Außendienst: Ein Sechszehntel (Siebtel) der Betrüger verursachte 0,03 (0,3) Prozent des veruntreuten Betrags.

EVU-Statistik der Bafin Status und Summe (Bild: Wichert)

Täter sind größtenteils Vermittler

An den gemeldeten Unregelmäßigkeiten über 5.000 Euro, für die eine Aufschlüsselung auch nach Sparten vorgenommen wird, waren im Berichtsjahr 72 Personen beteiligt. Der veruntreute Betrag belief sich den Daten der Aufsicht zufolge hier auf knapp 22,2 Millionen Euro.

Mit gut vier Millionen Euro wurde ein gutes Sechstel des ergaunerten Betrages von Innendienstmitarbeitern verursacht. Diese machten fast 70 Prozent der Täter aus.

Der Rest des Gesamtbetrages ging auf das Konto von Vermittlern. Über 9,2 Millionen Euro (42 Prozent Anteil) wurden von sonstigen Vermittlern widerrechtlich in die eigene Tasche gesteckt. Bei den acht Maklern war es in Summe annähernd 591.000 Euro.

Wie den Aufstellungen der Bafin weiter zu entnehmen ist, entstand fast die Hälfte in der Schaden-/Unfallversicherung und über 40 Prozent in der substitutiven Krankenversicherung. Das verbleibende Zwölftel war der Lebensversicherung zuzurechnen.

Fingierte Verträge sorgten für ein hohes Schadenvolumen

Der Großteil der veruntreuten Summe (knapp die Hälfte) entstand durch fingierte Verträge, und dies hauptsächlich in der Schaden-/Unfallversicherung. Ein knappes Viertel entfiel auf nichtexistente Versicherungsnehmer, vor allem in der Lebensversicherung.

EVU-Statistik der Bafin Tatmodalitäten (Bild: Wichert)

Ebenfalls fast die Hälfte war der Kategorie „Sonstiges“ zuzuordnen, die nicht weiter aufgeschlüsselt wird. Jeweils um die ein Prozent des Schadens machten die Kategorien „Schadenmanipulation“, „Kundengelder für Nicht-Versicherungsgeschäfte“, „unbefugte Datenmitnahme“ sowie „Provisionsabgabe“ aus.

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Leserbriefe zum Artikel:

Siegfried Hartmann - Derartige Schäden werden aus Personalkostengründen in Kauf genommen. mehr ...

Dr. Carlo H. Borggreve - So hoher Anteil des Schadens durch nur neun Vermittler verursacht? mehr ...

 
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