Langzeitarbeitsloser tritt Job nicht an – kein sozialwidriges Verhalten

16.3.2023 – Kann ein Langzeitarbeitsloser eine neue entfernt liegenden Arbeitsstelle nicht antreten, weil sich das Jobcenter weigert, die Mietkaution für eine dafür erforderliche neue Wohnung zu übernehmen, ist er nicht dazu verpflichtet, Grundsicherungs-Leistungen zurückzuzahlen. Das hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 26. Januar 2023 entschieden (L 11 AS 336/21).

Der im Jahr 1962 geborene Kläger lebt in Osnabrück. Dort hatte er bis 2003 als Buchhalter gearbeitet.

Nachdem er arbeitslos geworden war, übte er verschiedene Hilfsarbeiten aus, unter anderem in der Landwirtschaft, der Gebäudereinigung sowie in einem Supermarkt. Vom Jobcenter erhielt er gleichzeitig Grundsicherungs-Leistungen. Parallel bewarb sich der Mann mit finanzieller Unterstützung des Centers weiterhin um eine Anstellung als Buchhalter.

Arbeitsvertrag als Buchhalter angeboten

Das Jobcenter stellte die Unterstützung im Jahr 2017 schließlich ein. Seine Begründung: Es müsse ein Strategiewechsel stattfinden, weil die Bewerbungen augenscheinlich nicht erfolgversprechend seien.

Das war offenkundig zu früh. Denn einige Zeit später wurde dem Kläger von einer Düsseldorfer Behörde ein Arbeitsvertrag als Buchhalter angeboten.

Vorsätzlich Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses verhindert?

Zu einer Arbeitsaufnahme kam es jedoch nicht. Denn dazu hätte der Betroffene nach Düsseldorf umziehen müssen. Dazu wäre der Arbeitslose zwar grundsätzlich bereit gewesen. Es fehlten ihm aber die Mittel, um eine Mietkaution für eine neue Wohnung stellen zu können.

Sein beim Jobcenter gestellter Antrag auf Stellung der Kaution wurde jedoch abgelehnt. Stattdessen forderte das Center wegen sozialwidrigen Verhaltens Grundsicherungs-Leistungen in Höhe von rund 6.800 Euro zurück. Denn der Buchhalter habe vorsätzlich das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses verhindert.

Kein sozialwidriges Verhalten

Dieser Argumentation schloss sich das schließlich mit dem Fall befasste Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen nicht an. Es gab der Klage des Mannes gegen das Jobcenter statt.

Nach Überzeugung der Richter stellt der Nichtantritt einer außerhalb eines Tagespendelbereichs gelegenen Arbeitsstelle zumindest dann kein sozialwidriges Verhalten dar, wenn trotz guten Willens Gründe dafür vorliegen, die Stelle nicht antreten zu können.

In dem entschiedenen Fall hätten dem Arbeitssuchenden nachweislich die Mittel für eine Mietkaution gefehlt. Das Jobcenter habe ihm dennoch sehenden Auges die Hilfe verweigert, die erforderlich war, um das Stellenangebot annehmen zu können. Es habe daher keinen Anspruch auf Erstattung der Grundsicherungs-Leistungen.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Arbeitsrecht · Beitragsrückerstattung · Gewerbeordnung · Jobsuche · Sozialhilfe · Strategie
 
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