Bald Gehaltstransparenz? Wissen, was der Kollege verdient

19.9.2023 – Die EU-Kommission hat den Entwurf einer Richtlinie für mehr Gehaltstransparenz vorgelegt. Ab Frühjahr 2026 muss dann die Gehaltsskala in Ausschreibungen offengelegt werden. Wie der Umgang in der Praxis aktuell aussieht, erklärt Betina Kirsch, Geschäftsführerin beim AGV.

Wer einen neuen Job sucht, der möchte auch wissen, was der neue Arbeitgeber zahlt und was die Kollegen im Team verdienen. Aber hier wird es schwierig. In Deutschland gilt nach wie vor: Über Geld spricht man nicht. Aber das könnte sich in Zukunft ändern.

Um die Lohngerechtigkeit voranzutreiben, hat die EU-Kommission am 4. März 2021 den Entwurf einer Richtlinie zu mehr Gehaltstransparenz vorgelegt. Im Dezember 2022 haben sich das Europäische Parlament und der Rat bereits politisch auf die neuen Vorschriften zur Lohntransparenz geeinigt.

Bereits heute verpflichtet „der Grundsatz der Entgeltgleichheit“ (PDF, 7 MB) deutsche Arbeitgeber dazu, Frauen und Männern für gleiche Arbeit den gleichen Lohn zu zahlen. Mit der EU-Richtlinie soll dieser Grundsatz besser durchgesetzt werden.

Bewerber wollen in der Stellenanzeige lesen, was der Arbeitgeber zahlt

Aber nicht nur der Gesetzgeber, auch die Kandidaten machen Druck. Bevor sich die umworbenen Kräfte bewerben, wünschen sie sich Transparenz in Gehaltsfragen. Das ist ein Ergebnis der Bewerber-Studie „Stellenanzeigen 2023“ für die die Personalberatung Königsteiner Agentur GmbH 1.026 Bewerbende befragte.

Demnach sprechen sich 71 Prozent der Befragten dafür aus, dass Unternehmen bereits in ihren Stellenanzeigen die genauen Gehaltsdaten für eine offene Stelle verraten. 82 Prozent würden zumindest einen ungefähren Rahmen begrüßen, um so die vakante Position besser einschätzen zu können (VersicherungsJournal 23.8.2023).

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Veröffentlichung der Durchschnittsgehälter gewünscht

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der „Meaning of Work Report“ der Jobbörse Indeed. In der Umfrage äußern 60 Prozent der Männer und 65 Prozent der Frauen den Wunsch nach einer internen Veröffentlichung der Durchschnittsgehälter für einzelne Positionen und Fachbereiche.

66 Prozent der männlichen und 70 Prozent der weiblichen Teilnehmer würden darüber hinaus Stellenanzeigen mit Gehaltsangaben begrüßen.

Jeder Bewerbende schielt bei Veröffentlichung von Spannbreiten eher Richtung Ende des Gehaltsbands.

Betina Kirsch, Geschäftsführerin beim AGV

Für den einen Job gibt es nicht das eine Gehalt

Wie geht die Versicherungsbranche mit dem Thema Gehaltstransparenz um? Hier kann man verschiedene Stufen des Bewerbungsprozesses unterscheiden: Stellenausschreibung, Vorstellungsgespräch und spätere Zahlungen von Boni oder Erfolgsprämien.

Betina Kirsch (Bild: Jörg Koch)
Betina Kirsch (Bild: Jörg Koch)

„Lohntransparenz in der Form, dass die Stellenausschreibung bereits ein konkretes Gehaltsband enthält, ist aktuell noch selten. Das gilt aber für alle Branchen in Deutschland“, sagt Betina Kirsch, Geschäftsführerin beim Arbeitgeberverbands der Versicherungs-Unternehmen in Deutschland e.V. (AGV), auf Nachfrage.

Die fehlende Gehaltstransparenz in der Ausschreibung resultiere daraus, dass es nicht das „eine“ identische Gehalt für alle Bewerbenden gebe. „Jeder Bewerbende schielt bei Veröffentlichung von Spannbreiten eher Richtung Ende des Gehaltsbands“, so Kirsch.

Sie nennt ein Beispiel aus der Praxis: Wenn beispielsweise ein „Senior Underwriter“ gesucht wird, dann werden sich Personen mit drei, fünf und auch zehn Jahren Berufserfahrung bewerben. „Da kommt am Ende nicht das exakt gleiche Gehalt raus. Berufserfahrung ist ein entscheidender Faktor im Rahmen der Vergütungshöhe“, erklärt die AGV-Geschäftsführerin.

Tantieme und Boni variieren stark

Ähnlich sieht es laut Kirsch bei Unternehmenstantiemen und Erfolgsboni aus, die oft ein Monatseinkommen ausmachen. Sie variieren stark in der Höhe und werden in Abhängigkeit von betriebs-wirtschaftlichen Kennzahlen sowie individueller Erfolge gezahlt.

„Die gesamte Vergütungskomplexität lässt sich nicht mit einem Gehaltsband abbilden. Aber die EU-Lohntransparenz-Richtlinie mit verpflichtender Offenlegungspflicht der Gehaltsbänder in Ausschreibungen, umzusetzen bis Frühjahr 2026, wird die bisherige Praxis ändern“, sagt die Geschäftsführerin.

Die angesprochene Lohntransparenz-Richtlinie der EU betreffe sowohl den Innen- als auch den Außendienst. „Da die Vergütung im Außendienst stark leistungsbezogen von Provisionen abhängt, wird man sich hier noch schwerer tun, valide Bandbreiten zu veröffentlichen. Man wird voraussichtlich auf Referenzwerte der Vergangenheit abstellen“, erklärt Kirsch.

Beim ersten Bewerbungsgespräch werde in der Regel der Gehaltsrahmen abgesteckt, sei es in Form von konkreten Tarifgruppen oder Gehaltsbändern. „Da läuft der Prozess sehr transparent ab“, ist sie überzeugt.

Assekuranz: ein Gehaltsüberblick

Wer vor dem ersten Treffen mit seinem neuen Arbeitgeber wissen möchte, wie das Gehaltsgefüge aussehen könnte, dem stehen verschiedene Vergleiche zur Einsicht offen. Laut Gehaltscheck der Kununu GmbH gehören die Belegschaften der Assekuranz zu den Spitzenverdienern. Mit einem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt von 59.629 Euro liegen sie knapp vor den Bankern mit 59.053 Euro (31.1.2023, 26.5.2023).

Mitarbeiter aus „Bankwesen, Finanzen und Versicherung“ verdienen ohne akademische Ausbildung 45.623 Euro, mit Studienabschluss sind es 62.894 Euro. Zu diesem Ergebnis kommt der „Gehaltsreport 2023“ der Stepstone Deutschland GmbH (28.2.2023).

Auch das Statistische Bundesamt (Destatis) stellt auf seiner Webseite einen Gehaltsrechner zur Verfügung (2.5.2023). Beispiel: Ein ausgebildeter Versicherungskaufmann mit 30 Jahren in Bayern, der seit zwei Jahren bei seinem Arbeitgeber (Versicherer, Rückversicherer, Pensionskasse) beschäftigt ist, verdient Brutto 3.814 Euro monatlich.

Die Versicherungskauffrau mit den gleichen Voraussetzungen hat knapp 400 Euro weniger auf dem Konto, also 3.425 Euro im Monat.

 
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